Rick WAKEMAN
englischer Keyboarder und Komponist

Rick Wakeman verband als Tastenvirtuose und Komponist Elemente der klassischen europäischen Musik mit der Rock- und Popmusik. Dabei benutzte er die klassische Musik weniger als Zitat, sondern ihre Technik als Basis seiner (zumeist Konzept-) Kompositionen.

Rick Wakeman wurde am 18.5.1949 in London geboren. Als Sechzehnjähriger begann er ein Studium am Royal College Of Music. Stand zunächst neben dem Klavier noch die Klarinette auf dem Stundenplan, konzentrierte sich Wakeman später ausschließlich auf Tasteninstrumente aller Art. 1969 stieg er als Keyboarder bei der Folk-Rockband THE STRAWBS ein, wo er drei Alben entscheidend mitprägte. Nach Erscheinen der STRAWBS-LP "Just A Collection Of Antiques And Curious" (1970) wurde Wakeman von der britischen Presse als "Talent des Jahres" ('Melody Maker'), als "Pop-Find of the year" ('Times') entdeckt. Daraufhin verließ Wakeman die STRAWBS, um sich - zu Höherem berufen - anderweitig zu betätigen. Durch seinen erstklassigen Ruf als Keyboarder hatte er Studioengagements bei David Bowie, MAGNA CARTA, Marc Bolan, Elton John u. a. Bekannt ist sein Mellotron-Part auf David Bowies "Space Oddity" und das Klaviersolo in Cat Stevens "Morning Has Broken". 1972 landete er schließlich als Ersatz für Tony Kaye bei der Gruppe YES, wo er drei Jahre blieb. Er errang mit den in dieser Zeit mit YES produzierten Alben entgültig den Status eines Weltstars und derartig ausgerüstet verfolgte er nun eine Solo-Karriere.
Während sein Debut-Album "Piano Vibrations" (1971) noch wenig Beachtung fand, gelang ihm mit dem Nachfolger "The Six Wives Of Henry VIII" (1972) der Durchbruch. Das Konzept-Album, das klassische und Rock-Musik vermischt, wurde zu den besten Alben des Jahre 1973 ('Time') gewählt und mit Gold ausgezeichnet. Mit dabei sind neben anderen Musikern die YES-Kollegen Chris Squire, Alan White, Steve Howe und Bill Bruford. Mittels modernster Studiotechnik und groß angelegten orchestralen Soundpartien stellte Wakeman seine Virtuosität in den Vordergrund. Die Leser des 'Melody Maker' kürten Wakeman zum weltbesten Rockorganisten, eine Auszeichnung, die ihm von nun an jedes Jahr zuteil wurde. Die folgende LP, "Journey To The Center Of The Earth", ebenfalls ein Konzept-Album basierend auf Jules Vernes Erzählung, erreichte im Juni 1974 Platz 1 der englischen Charts, brachte Wakeman ebenfalls Gold und den Titel des besten Rockorganisten der Welt. Was Wakeman zu einer so schillernden Attraktion der Rock-Szene machte, war neben seiner exzellenten Fähigkeit, Jazz, Klassik und Pop zu verbinden, sein Sinn für Spektakuläres. Nun konnte er sich seinen Drang zum musikalischen Pomp leisten und lebte ihn auch kräftig aus. Wakeman trennte sich 1974 von YES und zelebrierte - entsprechend gewandet - als Hohepriester des musikalischen Spektakels Rockmessen, in denen er sich von starkbesetzten Orchestren und Chören begleiten ließ. Für die Aufführung von "Journey To The Center Of The Earth" vor 20.000 Besuchern im Londoner Crystal Palace wurde das 100 Musiker starke London Symphony Orchestra und der zahlenmäßig etwas kleinere (60 Personen) London Chamber Choir aufgeboten, nebst eigens für die Show entworfenen prähistorischen Ungeheuern, die sich in einem künstlichen See auf der Bühne tummelten. Übertroffen wurde dieses Spektakel von der musikalisch illustrierten Artus-Sage "The Myths And Legends Of King Arthus And The Knights Of The Round Table", die Wakeman 1975 an drei Tagen im Londoner Empire Pool auf Eis von Schlittschuhläufern in Szene setzen ließ, ebenfalls mit bombastischem Chor- und Orchesteraufgebot. Der exzentrische Rock-Star realisierte auch auf seinen Tourneen prunkvolle Shows. Bei Wakeman war einfach alles überdimensional: seine Größe (1,91m), sein Bierkonsum, sein Geschäftssinn und sein musikalischer Erfolg. Aber nach der Nr. 1-LP über die Artus-Sage wurde Wakeman ruhiger. Gezwungenermaßen, denn der ungeheure Aufwand für seine Monster-Spektakel auf Tourneen (bisher 14 US-Tours) und in Konzerten verausgabten Wakeman sowohl finanziell als auch körperlich. 1974 erlitt der Workaholic, der auch Inhaber von nicht weniger als 11 Firmen (u. a. ein eigenes Studio und eine exklusive Rolls-Royce Vermietung) war, einen leichten Herzinfarkt. Seitdem arbeitete er nur noch mit dem ENGLISH ROCK ENSEMBLE, das er 1975 gründete. Neben Reg Brooks (tb), John Dunsterville (g), Tony Fernandez (dr), Ashley Holt (voc), Roger Newell (b) und Martyn Shields (tr) bearbeitete Wakeman eine Batterie von Synthesizern, Orgeln, Klavieren und Mellotrons. Auf Orchester und Chöre verzichtete er aber von nun an. Die 76er LP "No Earthly Connection", die sich mit ungeklärten Phänomenen wie dem Sinn des Lebens, UFOs und anderen Science-Fiction-Themen befaßt, zeichnet sich daher schon durch einen rockigeren, dichteren Sound aus. Wakeman ging mit dem ENGLISH ROCK ENSEMBLE auf Europa-Tournee, weltweit landete die LP in den Charts, in England auf Platz 1.
Zu dem Ken Russel Film "Lisztomania" (1975) lieferte Wakeman den gleichnamigen Soundtrack. Das Rock-Pop-Spektakel über das Leben von Franz Liszt basiert auf Themen von Liszt und Richard Wagner. Der WHO-Sänger Roger Daltrey ist in der Titelrolle, Wakeman in einer Nebenrolle zu bewundern. Weitere Soundtrack-Projekte Wakemans waren "White Rock" (1976), die Musik zur Verfilmung der Olympischen Winterspiele 1976 in Innsbruck, "The Burning" (1981), "G'Ole", ein Film zur Fußballweltmeisterschaft 1982 in Spanien und "Crimes Of Passion" (1987).
Da die Plattenumsätze immer stärker zurückgingen, trat Wakeman 1976 den mittlerweile berühmten YES wieder bei. Aber immer noch nicht bereit, eigene Projekte zugunsten der Arbeit in der Band zurückzustellen, verließ der Egomane nach drei LPs YES 1980 zum zweitenmal. Mit Ashtley Holt (voc) und Tony Fernandez (dr) vom ENGLISH ROCK ENSEMBLE und Tim Stone (g) und Steve Barnacle (b) stellte er die "RICK WAKEMAN BAND" zusammen. Wakemans aufwendige Programmusik zeigte allerdings spätestens Ende der 70er Jahre deutliche Abnutzungserscheinungen. Seit der 79er LP "Rhapsodies" waren nur noch treue Fans zu mobilisieren. Das Doppel-Album enthält Bearbeitungen von Tschaikowski und Gershwin. "1984" (1981) ist eine Musical-Version der gleichnamigen Erzählung von George Orwell. Unterstützt wurde Wakeman bei diesem Album von Prominenten wie Steve Harley (COCKNEY REBEL), Chaka Khan, YES-Sänger Jon Anderson. Die Texte stammen aus der Feder von Tim Rice, dem Erfolgskomponisten der Musicals "Jesus Christ Superstar" und "Evita". Dieses und die folgenden Projekte fanden in der Öffentlichkeit allerdings kaum Beachtung. Zu theatralisch, zu monströs sind die Kompositionen. Der süße, überladene monumentale Sound, schreckte die Hörerschaft eher ab. Es folgte eine musikalische Phase, die nun absolut nichts mehr mit Rockmusik gemeinsam hatte. Nachdem Wakeman erfolgreich sein Alkoholproblem in den Griff bekam, fühlte er sich als neugeborener Christ, was sich auch in seiner Musik niederschlug: religiöse Musik ("The Gospels), New-Age und Meditationsmusik (die "Airs") dominierten Wakemans musikalischen Output der 80er Jahre.
Ende der 80er Jahre fand Wakeman erneut zu YES zurück. Gemeinsam mit Jon Anderson, Bill Bruford und Steve Howe ging er auf Tournee. 1989 erschien das "Anderson/Bruford/Wakeman/Howe"-Album, auf dem zwei Jahre später erschienen Album "Union" agierte Wakeman neben Tony Kaye an den Keyboards.
Die 90er Jahre sind gekennzeichnet von Solo-Projekten im Bereich Ambient-Music und New Age-Music. 1993 absolvierte Wakeman große Amerika- und Europa-Tourneen. Mitte der 90er fand er für einige Zeit auch wieder zu YES zurück.
Trotz der scheinbar sprunghaften und wenig kontinuierlichen musikalischen Laufbahn, ist Wakemans Virtuosität auf Tasteninstrumenten und sein Talent als Komponist sowohl auf dem Gebiet der Rockmusik als auch der leichten instrumentalen Unterhaltungsmusik nicht zu übersehen. Besonders in den 70er Jahren gab er neben Keith Emerson (EMERSON, LAKE & PALMER) der Rock- und Popmusik entscheidende neue Impulse.


Diskografie:

"Piano Vibrations" (1971), Polydor
"The Six Wives Of Henry VIII" (1974), A&M
"Journey To The Center Of Earth" (1974), A&M
"The Myths And Legends Of King Arthur And The Knights Of The Round Table" (1975), A&M
"Lisztomania" (1975), A&M (O.S.T.)
"No Earthly Connection" (1975), A&M
"White Rock" (1976), A&M (O.S.T.)
"Criminal Record" (1977), A&M
"Rhapsodies" (1979), A&M
"1984" (1981), Charisma
"Rock'n'Roll Prophet" (1982)
"The Burning" (1981), Charisma (O.S.T.)
"G'Olé" (1983), Charisma (O.S.T.)
"The Cost Of Living" (1983), Virgin
"Live At Hammersmith" (1985), Sound Products
"Silent Night" (1985), President
"Country Airs" (1986), President
"The Family Album" (1987), President
"Crimes Of Passion" (1987), (O.S.T.)
"The Gospels" (1987)
"Zodiaque" (1988), Bellaphon
"A Suite Of Gods" (1988), Relativity
"Sea Airs" (1985-1989), President
"Time Machine" (1987/89), Bellaphon
"Night Airs", President
"African Bach" (1990), President
"Aspirant Sunrise" (1990), Sattva Art Music
"Aspirant Sunset" (1990), Sattva Art Music
"Aspirant Sunshadows" (1991), Sattva Art Music
"2000 A. D. Into The Future" (1991), President
"The Classical Connection" (1991), Sattva Art Music
"The Classical Connection Vol. 2" (1992), Sattva Art Music
"Classic Tracks" (1993), Zazoo
"Cirque Surreal" (1995), Pinnacle
"The Piano Album" (1995), Castle Communications
"The Private Collection" (1995), President
"Fields Of Green" (1996), Griffin
"Visions Of Paradise" (1996), Sattva Art Music
"Voyage" (1996), A&M
"The Word and Music" (1996), Hope Records
"Orisons" (1996), Hope Records
"Fields of Green '97" (1997), Music Fusion
"Rick Wakeman In Concert" (1997), King Biscuit

(S)

"Best Known Works", A&M
"Greatest Hits", IRS
"Rick Wakeman's Greatest Hits", Fragile
"20th Anniversary Limited Edition" (1990)


Mit den STRAWBS:
"Strawbs" (1969), A&M
"Dragonfly" (1970), A&M
"Just A Collection Of Antiques And Curious" (1970), A&M


Mit YES:
"Fragile" (1972) Atlantic
"Close To The Edge" (1972), Atlantic
"Yessongs" (1973) Atlantic
"Tales From Topographic Oceans" (1974) Atlantic
"Going For The One" (1977) Atlantic
"Tormato" (1978) Atlantic
"Anderson/Bruford/Wakeman/Howe" (1989) Arista
"Union" (1991) Arista
"Something's Coming" (1996), New Millennium Communications
"Keys To Ascension" (1996), Castle Communication
"Keys To Ascension 2" (1997), Castle Communication


Mit Adam Wakeman:
"Wakeman With Wakeman" (1992) President


(Pia Ambrosch)