Florent Pagny
Französischer Sänger, Songschreiber und Schauspieler

Florent Pagny konnte sich trotz vieler Höhen und Tiefen nach 10 Jahren endlich an die Spitze der französischen Chansonniers platzieren. Nach seinen ersten Erfolgen im Jahre 1987 gelang dem Mann mit der Ausnahmestimme 1997 mit dem Album "Savoir aimer" ein erstaunliches Comeback.

Florent Pagny wurde am 6. November 1961 in Chalons-sur-Saône im Loiretal geboren. Seine Mutter Odile war Sekretärin, Vater Jean Tischler. Florent wuchs mit einem Bruder, Frédéric, und zwei Schwestern, Marie-Pierre und Marie-Pascale, auf. Neben der musikalischen Ader - Pagnys Mutter träumte einmal davon, Opernsängerin zu werden – war in der Familie bereits das kommödiantische Element vorhanden. Pagnys Großeltern schrieben kleine Lustspiele, in denen sie die Dorfbewohner porträtierten.
1972 zog die Familie nach Bonneville/Haute-Savoie um. Pagny fiel die Integration in die neue Umgebung schwer, sodass er sich schon früh in sich zurückzog. Dem ernsthaften und verschlossenen Jungen machte allein das Singen und das Agieren auf der Bühne Freude. So ließ er seit seinem 13. Lebensjahr keine Gelegenheit aus, auf Dorffesten sein Talent zu versuchen oder an regionalen Radiowettbewerben teilzunehmen. So 1974 bei einem Gesangswettbewerb, der im Rahmen eines Radrennens von der Tageszeitung "Le Dauphiné Libéré" organisiert wurde. Pagnys schulische Leistungen waren allerdings eher mäßig, sodass seine Eltern ihm keine Steine in den Weg legten, als er nach seinem Schulabschluß 1976 beschloß, in Paris sein Glück zu versuchen. Für 2 Monate schlug er sich bei der Heilsarmee durch und flüchtete dann wieder ins Elternhaus zurück. Es folgte ein erneuter Versuch, in Paris Fuß zu fassen. Dort hielt Pagny sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Als Barman, Kellner, ja sogar Babysitter finanzierte er sich seinen Unterricht am Conservatoire de Levallois-Perret, wo er von 1977 bis 1980 eingeschrieben war und hart an seiner Stimme arbeitete. Während seiner Tätigkeit in Nachtclubs lernte er Dominique Besnehard kennen, einen Talentscout, der beispielsweise auch für das Casting von Jean-Jacques Beineix‘ Kultfilm "Diva" (1981) verantwortlich war. Besnehard stellte ihm die Filmagentin Marceline Lenoir vor, die dem jungen Pagny die Rolle eines Polizeiinspektors in dem Film "La balance" von Bob Swaim vermittelte. Es folgten weitere Rollen, z. B. in "L’amour nu" von Yannick Bellon (1981) und "Fort Saganne" (1984) von Alain Corneau, wo er neben Gérard Depardieu, Philippe Noiret, Cathérine Deneuve und Sophie Marceau spielte.
1986 nahm Pagny seine erste Platte auf, "Boomerang", die Musik zu dem Film "Blessure" von Michel Gérard. Sie wurde allerdings nie veröffentlicht.
1987 hatte Pagny vom Schauspielern erst einmal die Nase voll und konzentrierte sich wieder voll auf seinen Traum einer Sängerkarriere. Die Single "N‘importe quoi" erschien und katapultierte Pagny überraschend in die TOP 50, wo er sich 26 Wochen halten konnte, davon 14 Wochen auf Platz 1. Der Song, in dem Pagny offen über die Gefahren von Drogen singt, wurde überall gespielt. Mehr als eine Million Exemplare gingen über die Ladentheken.
1988 spielte Pagny wieder in einigen TV-Produktionen und legte mit der Single "Laisser nous respirer" nach, die für 6 Wochen in den TOP 50 landete. 1989 veröffentlichte er den Jacques Reveaux/Claude François-Klassiker "Comme d’habitude" und zeigte sich so auch auf dem Gebiet des klassischen französischen Chansons bewandert. Der Titel kletterte auf Platz 5 der Top 50 und mit 400.000 verkauften Exemplaren brachte er Pagny seinen ersten "Victoire de la musique" als bester männlicher Newcomer ein.
Auf Anfrage von Charles Aznavour spielte Pagny auf dem Sampler "Pour toi Arménie", einer Benefizplatte zugunsten der Erdbebenopfer in Armenien mit, neben ihm Johnny Hallyday, Michel Sardou, Alain Souchon, Henri Salvador, Eddy Mitchell, Patricia Kaas, Vanessa Paradis u. a.
Im April 1990 veröffentlichte Pagny endlich sein erstes Album. "Merci" ist seinen Eltern gewidmet, die nie aufgehört haben, an ihn zu glauben und ihn immer unterstützt haben.
Eine Affaire mit Sängerin Vanessa Paradis sowie sein aggressives Image eines jungen Rebellen machten ihn zum gefundenen Fressen der Presse. Die demütigenden und negativen Aspekte der Medien nahm Pagny daraufhin in "Presse qui roule" aufs Korn. An dem schleppenden Fortgang seiner Karriere während der folgenden Jahre war der Song wohl nicht ganz unschuldig.
Im Januar 1991 sang er im Pariser "Zénith". Und nachdem er wieder in einigen Filmen mitwirkte, veröffentlichte Pagny im Juli 1992 seine zweite Longplay "Réaliste", ein in traurigem Grundton gehaltenes Album, mit dem Pagny auch seine Trennung von Vanessa Paradis verarbeitete.
1993 nahm er erstmals bei einem Benefizkonzert der "Enfoirés" teil, einer Wohltätigkeitsorganisation zugunsten der Organisation "Restaurants du Coeur", gegründet von Komiker Coluche, wo er im Duo mit Smain "Banlieu nord" sang.
Im April 1994 erschien das Album mit dem programmatischen Titel "Rester vrai", elf Rock-Songs, die ihn auf die Erfolgsbahn zurückbrachten. Der Titel "Est-ce que tu me suis" stammt aus der Feder von Jean-Jacques Goldman. Ebenfalls 1994 war er wieder mit von der Partie bei den "Enfoirés" mit dem Titel "Oh happy day" im Duett mit Carole Fredericks. Auf der Leinwand war er in dem Film "Tom est tout seul" von Fabien Onteninente zu sehen.
1995 erschien seine erste Compilation "Bienvenue chez moi" mit 3 bisher unveröffentlichten Stücken, darunter der Song "Caruso" des italienischen Liedermachers Lucio Dalla. Mehr als 1.500.000 Exemplare dieses Best-Of-Albums wurden in kurzer Zeit verkauft.
Im Januar 1996 gab Pagny vier Konzerte in Pariser "Cirque d’Hiver". Der Erfolg war enorm, Pagny schien über den Berg zu sein. Den Abschluß der folgenden Tournee bildeten die Auftritte im "Zénith" am 11. Juni 1996 und im "Palais Omnisports de Bercy" am 9. Dezember 1996.
Auch in der Liebe fand Pagny sein Glück in der argentinischen Malerin und Mannequin Azucéna. Die Zuneigung der beiden führte auch zu künstlerischer Zusammenarbeit. Das Cover seines neuen Albums "Savoir aimer" wurde von Azucéna gestaltet, die im Oktober 1997 in Paris ihre Bilder in der "Passage de Rez" ausstellte. Gleichzeitig erschien das Album, für das sich Pagny die Autoren und Songschreiber Pascal Obispo, Zazie und Art Mengo einlud. Die erste Auskopplung mit dem gleichen Titel "Savoir aimer" schoß sofort nach Erscheinen am 19. Oktober 1997 an die Spitze der französischen Singlecharts. Mehr als eine Million mal wurde er verkauft. Am 2. November eroberte auch das Album Platz eins und hielt sich dort bis zum Jahresende.
1997 siedelte Pagny nach Patagonien, die südargentinische Heimat von Azucéna, um. Sein enormer Erfolg in Frankreich schlug sich in 2 "Victoires de la musique" nieder, die Pagny am 20. Februar 1998 überreicht bekam. Einen als bester männlicher Interpret des Jahres neben Sängerin Zazie, einen für das beste Videoclip "Savoir aimer". In dem Clip von Sylvain Bergère präsentiert Pagny den Song in Zeichensprache.Vom 19. bis 29. März konzertierte Pagny im "Cirque d’Hiver", vom 13. bis 16. Mai im "Zénith".
Mit mehr als 1,4 Millionen verkauften Exemplaren des letzten Albums war Pagny nun ein Star in Frankreich. Und er war auch der einzige französische Künstler der neben Stars wie den Spice Girls oder Stevie Wonder zu Luciano Pavarottis Benefizkonzert "Pavarotti International" zugunsten der Kinder des nigerianischen Bürgerkrieges am 9. Juni 1998 nach Modena eingeladen wurde. Mit dem Startenor im Duett sang Pagny "La donna e mobile". Auch bei der großen Mammut-Konzert-Show von Johnny Hallyday im September im "Stade de France" war Pagny dabei und sang mit Hallyday den Titel "Le pénitencier". Neben Pagny präsentierten auch andere französische Künstler Duette mit dem großen Johnny Hallyday: Lara Fabian, Patrick Bruel, Pascal Obispo, Jean-Jacques Goldman, Lionel Richie u. a. Das Jahr beschloß Pagny mit Auftritten im "Bercy" und dem Live-Album "Florent Pagny en concert"
In den "Editions Hors Collection" erschien die erste Biographie, geschrieben von Eric Chemouny, einem von Pagnys früheren Autoren und Journalist.
Ende 1999 erschien das Doppel-Album "Récréation" mit 17 Neuinterpretationen französischer Chanson- und Pop-Klassikern. Auf dem Tribute-Album "Hommages à Balavoine" (2000) ist Pagny mit dem Titel "Vendeurs de larmes" vertreten.
Im November 2000 veröffentlichte Pagny das Album "Châtelet les Halles" - benannt nach der verkehrsreichsten Métro-Station in Paris - das sofort die Spitze der französischen Albumcharts eroberte. Die Chansons stammen von namhaften aktuellen französischen Auteurs/Compositeurs wie Pascal Obispo, Lionel Florence, David Hallyday, Gérard Presgurvic, Calogero, Art Mengo und Eric Chemouny.. Ebenfalls 2000 erschien die Compilation "Ballades et mots d’amour". Ende 2001 erschien das bisher letzte Album "2". Hier singt Pagny alte und neue seiner Lieder im Duett mit Künstlern wie Pascal Obispo, Daran, Axel Bauer, Eddy Mitchell, Patrick Bruel, David Hallyday, Lara Fabian u. a. Auch an einem neuen Film arbeitet er: "Quand je vois le soleil" von Jacques Cortal ist noch nicht abgedreht.
Pagny war wie viele andere seiner Landsleute immer gerne bereit, auf Benefiz-Alben anderer Künstler und Künstlerinnen mitzuwirken, so bei den "Enfoirés" und Luciano Pavarottis "Pavarotti and Friends"-Alben. Auch im Kampf gegen AIDS engagierte er sich, so auf dem Weihnachtsalbum "Noël ensemble - 100 artistes ensemble contre le sida" (2000) und dem Solidaritätsalbum "Solidays l'album. Plus de 30 artistes solidaires contre le sida solidaires pour l'Afrique" (2000).
Obwohl er das Ungewöhnliche liebt, gerne provoziert, sich oft in verändertem Look und Haartracht präsentierte, ist Pagny heute ein Star, der es schafft, ein generationenübergreifendes Publikum zu fesseln. Wenn er sich nicht beruflich in Frankreich aufhält, lebt der medienscheue Sänger mit Azucéna und dem gemeinsamen Sohn Inca auf seinem Landsitz in Patagonien. Seit der traumatischen Behandlung durch die Presse, die ihn in seiner Zeit als Freund von Vanessa Paradis überallhin verfolgte, ist für Pagny sein Privatleben absolut tabu.

 

Diskografie:

Alben:

"Merci" (1990) Philips/Universal
"Réaliste" (1992) Philips/Universal
"Rester vrai" (1994), Philips/Universal
"Bienvenue chez moi" (1995), Philips/Universal
"Savoir Aimer" (1997), Mercury/Universal
"Live" (1998), Mercury/Universal
"En Concert" (1999), Philips/Universal
"Récréation" (1999), Mercury/Universal
"Ballades et mots d’amour" (Compilation) (2000), Mercury/Universal
"Châtelet les Halles" (2000), Mercury/Universal
"Florent Pagny" (Compilation) (2001), Podis/Universal
"2" (2001), Mercury/Universal

BestOf/Hitlist:

"Comme d’habitude" (1989)
"Presse qui roule" (1990)
"Tue moi" (1992)
"Rester vrai" (1995)
"Savoir aimer" (1997)
"Dors" (1998)
"L’air du temps" (2001)
"Terre" (2001)
"Châtelet les Halles" (2001)

Literatur:

Chemouny, Eric: Florent Pagny, Editions Hors Collection, 1998
Berriot, François: Florent Pagny, rester vrai, Etoile du Sud, 1998

Internet:
http://www.florentpagny.net/

(Pia Ambrosch)

 

 

 

 

 

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