Michel
SARDOU
französischer Chansonnier, Songschreiber und
SchauspielerMichel
Sardou gilt als der französische Chansonnier, der bis
heute die meisten Besucher in seine Konzerte lockte, die
meisten Platten verkaufte und unzählige Preise und
Auszeichnungen erhielt. Sein erfolgreichster Titel
"La maladie damour" wurde mehrfach
vergoldet und zählt zu den meistverkauftesten Titeln in
Frankreich. In den 90er Jahren trat Sardou auch mehr und
mehr als Schauspieler und Theaterdirektor in Erscheinung.
Michel Sardou wurde am 26.
Januar 1947 in Paris geboren. Er stammt aus einer
Künstlerfamilie. Sein Vater Fernand Sardou war Theater-
und Filmschauspieler und Revuestar, seine Mutter
Jacqueline Labbé Schauspielerin und Revuetänzerin. Die
beiden nahmen Michel als Kind häufig mit auf Reisen
durch ganz Frankreich, von Engagement zu Engagement. So
geprägt erwuchs in dem Jungen ebenfalls der Wunsch, eine
künstlerische Laufbahn einzuschlagen. Dies gegen den
Willen des Vaters, der es vorgezogen hätte, seinen Sohn
die akademische Laufbahn einschlagen zu sehen.
Am 7. September 1960 eröffnete Vater Fernand Sardou sein
eigenes Kabarett "Chez Fernand Sardou" in
Paris. Michel arbeitete dort als Mädchen für alles,
ging den Künstlern zur Hand und nutzte die
Gelegenheiten, während der Pausen auch mal auf die
Bühne zu steigen. Unter anderem gab er dort eine Parodie
von "Pour moi la vie va commencer", dem
Erfolgshit von Johnny Hallyday, zum Besten. Auch in
anderen Kabaretts am Montmartre gab Michel kleine
Gastspiele. 1965 lernte er die junge Tänzerin Françoise
Pettre kennen und heiratete sie. Im gleichen Jahr machte
er auch die Bekanntschaft von Michel Fugain und begann
mit ihm zu arbeiten. Die beiden schrieben gemeinsam
Chansons und traten in Pariser Kabaretts auf. Im gleichen
Jahr stellte sich Sardou beim Label "Barclay"
vor und unterschrieb einen Vertrag. Ende 1965 nahm er
dann seine erste Single auf: "Le
madras"/"Je nai jamais su
dire"/"Les arlequins"/"Il pleut sur
ma vie". 1966 lernte Sardou Jacques Revaux kennen,
der zum Komponisten seiner größten Erfolge wurde,
darunter auch seinem provokanten Titel "Les
ricains". Mit seinen ersten Chansons nämlich war
Sardou Ende der 60er Jahre zunächst wenig erfolgreich,
sondern handelte sich durch seine direkten Texte vielmehr
Unverständnis und Airplay-Boykott einiger Radiostationen
ein, auch des staatlichen Rundfunks ORTF. Sardou wurde
von den linken Kräften in Frankreich in die rechte Ecke
gestellt, man unterstellte ihm
nationalistisch-konservative, ja gar faschistoide Züge.
In seinem Chanson "Les ricains" wird die
Befreiung Frankreichs von den Deutschen durch die
Amerikaner thematisiert. Das gefiel vielen Franzosen
nicht, die vielmehr die französische Résistance als
Befreier der Grand Nation sahen. Als 1967, zu Beginn des
Vietnam-Krieges, die Single "Les ricains"
erschien, mokierte sich die öffentliche Meinung in einer
Weise über Sardous wenig gefälliges Chanson, dass Eddie
Barclay entschied, sich von Sardou zu trennen. Man ließ
ihn wissen, dass man ihn nicht für geeignet hielt, die
Chansonnier-Laufbahn einzuschlagen und empfahl ihm, einen
anderen Beruf zu wählen. Jacques Revaux (Komponist des
Erfolgstitels "My Way" "Comme
dhabitude") unterstützte Sardou in Form eines
Vertrages und der Übernahme von Produktionskosten für
seine Platten. Jacques Revaux und Régis Talar waren die
Gründer des Labels "Tréma" und produzierten
nun darauf Sardou. Die erste Single auf
"Tréma" erschien 1969: "América,
América"/"Monsieur le Président de
France". Auch mit diesen Chansons unverhohlener
Kritik eckte Sardou an. Und dies immer mal wieder. Mit
oft schonungsloser Umsetzung seiner Sicht der politischen
und sozialen Realitäten in seine Songtexte handelte sich
Sardou vielfach den Unmut der sogenannten öffentlichen
Meinung ein. Viele seiner Lieder behandeln wenig
gefällige Themen. So singt er beispielsweise in einem
Chanson über die ach so glückliche Kindheit eines
Dreijährigen, die nur aus Verboten besteht
("Interdit aux bébés", 1973). In "Je
suis pour" (1976) fordert Sardou unverholen die
Todesstrafe für Kinderschänder, in "Un
accident" (1975) werden dem Hörer die letzten
Gedanken eines tödlich Verunglückten vorgeführt.
1970 wurde Sardous Tochter Sandrine geboren. Im gleich
Jahr trat der Direktor des Pariser Musiktempels
"Olympia", Bruno Coquatrix, an Sardou heran,
erste Auftritte folgten. Die Single "Les bals
populaires"/"Et mourir de plaisir"
erschien und bescherte Sardou den "Grand Prix de la
SACEM", des französischen Musikerverbandes
(Société des Auteurs, Compositeurs et Editeurs de
Musique) sowie seine erste Goldene Schallplatte. 1971
erschien "Jhabite en France" und gewann
den "Grand Prix de lAcadémie Charles
Cros", der Sardou von Valéry Giscard
dEstaing, dem Wirtschaftsminister und früheren
Präsidenten der Republik Frankreich, überreicht wurde.
Sardou trat wieder im "Olympia" auf und der
Zulauf war so groß, wie zuletzt nur bei Konzerten von
Edith Piaf oder Gilbert Bécaud. Das erste Live-Album
"Olympia 71" erschien.
1973 gründete Sardou sein eigenes Label bei
"Tréma", "Eagle Records". Im
gleichen Jahr nahm er auch mit "La maladie
damour" seinen größten persönlichen Erfolg
auf. Als die Single am 3. Juli veröffentlicht wurde,
hielt sie sich 10 Wochen auf Platz 1 der französischen
Charts. Mit dem Erfolg kam auch das Geld. Sardou lebte
auf großem Fuße in Paris und an der Côte dAzur.
Der bekennende Pferde- und Autonarr gründete seinen
eigenen Rennstall sowie seine eigene Musikzeitschrift
"Magazine de Sardou", das allerdings über 5
Nummern (Januar bis Mai 1976) nicht herauskam.
1973 wurde Sardous Tochter Cynthia geboren. Die Ehe mit
Françoise Pettre ging in die Brüche. Michel Sardou zog
mit seiner neuen Lebensgefährtin, Elisabeth Haas genannt
Babette, zusammen und 1974 wurde der gemeinsame Sohn
Romain geboren. Michel und Babette heirateten 1977.
Von Dezember 1974 bis Februar 1975 wurde Sardou wieder
für 3 Monate ins "Olympia" verpflichtet. Auf
der Bühne bewegt sich der stets gut gekleidete Sänger
kaum, umso mehr wirken seine minimalen Gesten, mit denen
er ausdrucksstark die Texte unterstreicht. Laut eigenen
Angaben ist Sardou ein Bewunderer von Michel Polnareff
und Napoleon, der ebenfalls nicht besonders groß war.
1978 wurde Davy, der zweite Sohn von Michel und Babette,
geboren. Sardou machte die Bekanntschaft mit Didier
Barbelivien, der zu seinem regelmäßigen Texter wurde.
Sardou tourte viel in Frankreich und Kanada und hatte
regelmäßig große Auftritte in seiner Heimatstadt
Paris, 1983 und 1985 im "Palais des Congrès".
1982 war Sardou als Schauspieler in Marcel Jullians Film
"Lété de nos quinze ans" zu sehen.
Bereits 1953 spielte er an der Seite seiner Mutter und
seines Vaters sowie des großen Fernandel in dem Film
"Le Chômeur de Clochemerle" von Jean Boyer.
Außerdem hatte er eine kleine Rolle in dem Kriegsfilm
"Paris brûle-t-il?" (1966) von René Clement,
wo er an der Seite von seinem Kollegen und Freund Michel
Fugain sowie Jean-Paul Belmondo, Kirk Douglas, Ferd
Fröbe und Alain Delon spielte. 1984 und 1985 nahm der
begeisterte Rennfahrer zweimal hintereinander an der
Rallye Paris-.Dakar teil. Am 20. Mai 1985 bekam Sardou
das "Croix de Chevalier des Arts et Lettres"
verliehen. 1987 spielte er in dem Film "Cross"
von Philippe Setbon (dt.: "Cross 2 knallharte
Profis"). Am 26 April 1988 wurde Michel Sardou zum
"Chevalier de l'Ordre National du Mérite"
ernannt. 1989 folgten wieder große Konzerte im
"Palais des Congrès".
Vom 6. bis 14. November 1989 ging Sardou mit den
Enfoirés auf Tour, einer Wohltätigkeitsorganisation
zugungsten der Organisation "Restaurants du
Coeur", gegründet von Komiker Coluche. Mit von der
Partie bei dieser Tour-Premiere waren Stars wie Eddy
Mitchell, Véronique Samson, Jean-Jacques Goldman und
Johnny Hallyday.
Ebenfalls 1989 erschien anläßlich des 20jährigen
Jubiläums von "Tréma" die erste Edition
intégrale von Sardou: 11 CDs, 189 chansons, 10 Stunden
Musik.1989 hatte Sardou auch seinen ersten Auftritt im
größten Pariser Veranstaltungsort, dem "Palais
Omnisport de Bercy", dem viele folgten.
1990 erschien der Film "Promotion canapé" von
Didier Kaminka mit Michel Sardou an der Seite von Pierre
Richard und Eddy Mitchell. 1991 erhielt Sardou einen
"Victoire de la Musique" in der Kategorie
"Bester Sänger des Jahres 1990". 1993 wurde
auch der TV-Film "L'Irlandaise" von José
Giovanni mit Michel Sardou ausgestrahlt und Sardou
füllte erneut das "Palais Bercy".
1994 erschien Sardous zweite große Werkschau:
"Michel Sardou : Intégrale 1965-1994" (15 CDs,
269 Titel, mehr als 16 Stunden Musik) und 1995 schon die
dritte: "Intégrale 1965-1995", 16 CDs mit
einem Buch, zu dem Sardou selbst das Vorwort schrieb. Im
gleichen Jahr ersang Sardou den Rekord der längsten
Auftrittsdauer (fünf Monate) im "Olympia". Im
Februar 1995 ist Sardou zum erfolgreichsten
französischen Musiker der vergangenen 20 Jahre
aufgestiegen. Rund 10,5 Millionen seiner Schallplatten
wurden zwischen 1974 und 1994 verkauft, so der
französische Musikverlegerverband (SNEP). 39 Goldene, 6
Doppelgoldene, 10 Platin- und 4
Doppel-Platin-Schallplatten hatte der Sänger bis zu
diesem Zeitpunkt in seiner Karriere eingeheimst. Damit
verdrängte Sardou Altrocker Johnny Hallyday auf den
zweiten Platz in der Verkaufsrangliste der französischen
Chansonniers. Den dritten Platz teilen sich Nana
Mouskouri, Renaud, Serge Lama, Julien Clerc und Françis
Cabrel.
Am 17. September 1999 debütierte Michel Sardou als
Schauspieler im "Théâtre de Paris" in der
Komödie "Bagatelle(s)" von Noel Coward. Von
September bis Dezember 1999 spielte Sardou an der Seite
von Marie-Amme Chazel in einer amerikanischen Komödie
von Neil Simon.
1999 trennte sich Sardou von seiner zweiten Frau Babette
und heiratete am 11. Oktober Anne-Marie Périer, Chefin
der Frauenzeitschrift "Elle". Ebenfalls 1999
erhielt Sardou wieder einen "Victoire de la
musique" für die große Anzahl an Zuschauern, die
er während seiner Tour ins "Bercy" lockte
(mehr als 560.000 Menschen). Im Juni 2000 kaufte Michel
Sardou das "Théâtre de la Porte Saint-Martin"
in Paris und übernahm den Direktorenposten. In dem
Traditionshaus wurde 1897 Rostands "Cyrano de
Bergerac" uraufgeführt.
Im Juni 2001 bekam Michel Sardou, der es vorzog in seinem
Heimatland Frankreich künstlerisch tätig zu sein und
dem der internationale Erfolg nie wichtig war, die Große
Medaille des französischen Lieds von der Académie
française verliehen. Im September 2001 ging Sardou mit
seinem dritten Theaterstück "Lhomme en
question" von Félicien Marceau auf Tournée.
Diskografie:
"Jhabite en
France" (1970), Tréma
"Danton" (1972-73), Tréma
"La maladie damour" (1973), Tréma
"La vieille" (1975), Tréma
"Monde symphonique I", Compilation (1976),
Tréma
"La java de broadway" (1977), Tréma
"Je vole" (1978), Tréma
"Verdun" (1979), Tréma
"Victoria" (1980), Tréma
"Les lacs du Connemara" (1981), Tréma
"Il était là" (1982), Tréma
"Vladimir Ilitch" (1983), Tréma
"Io Domenico" (1984), Tréma
"Ses plus grandes chansons", Compilation
(1984), Tréma
"Chanteur de Jazz" (1985), Tréma
"Monde symphonique II", Compilation (1985),
Tréma
"Musulmanes" (1986-87), Tréma
"La même eau qui coule" (1988), Tréma
"Sardou 66", Compilation (1989), Tréma
"Tournée denfoirés", Compilation
(1989), Polygram
"Intégrale, 20 ans Tréma (1989), Tréma
"Le privilège" (1990), Tréma
"Le bac G" (1992), Tréma
"Les années Barclay", Compilation (1993),
Barlay
"Michel Sardou: Intégrale 1965-1994", Tréma
(1994)
"Selon que vous serez..." (1994), Tréma
"Intégrale 1964-1995" (1995), Tréma
"Les grands moments", Compilation (1996),
Tréma
"Salut" (1997), Tréma
"Enfoirés en coeur", Compilation (1998), WEA
"Français" (2000), Tréma
Best Of/Hitlist:
"Les ricains"
(1967)
"Monsieur le Président de France" (1969)
"Les bals populaires" (1970)
"Jhabite en France" (1970)
"Le rire du sergent" (1971)
"La maladie damour" (1973)
"Un accident" (1974)
"Le France" (1975)
"Jaccuse" (1976)
"Dix ans plus tôt" (1977)
"La java de broadway" (1977)
"En chantant" (1978)
"Comme dhabitude" (1978)
"Verdun" (1979)
"Les lacs du Connemara" (1981)
"Musica" (1982)
"Les années 30" (1983)
"Chanteur de Jazz" (1985)
"Musulmanes" (1986)
"Attention les enfants ... danger" (1989)
"Marie-Jeanne" (1990)
"Le véteran" (1991)
"Le bac G" (1992)
"Putain de temps" (1994)
"Cette chanson là" (2000)
Literatur:
Klotz, Claude, Michel
Sardou, Edition Albin Michel (1985)
Michel, Florence: Michel Sardou, Edition Seghers (1985)
Lhote, Gilles: Sardou de A à Z , Edition Albin Michel
(1996)
Internet: http://www.sardou.com
(Pia Ambrosch)
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